Auf Seite 5 des Mitteilungsblatts der Stadt Sulz vom 6. Dezember 2024 schreibt die Stadtverwaltung über den geplanten Bürgerentscheid. Dabei zeigen Herr Keucher und seine Stadtverwaltung erneut, dass sie nicht willens sind, die gebotene Zurückhaltung in dieser Sache zu zeigen.
"Da die Fragestellung aus rechtlicher Sicht umstritten war, ließ die Stadt Sulz am Neckar zwei juristische Gutachten erstellen."
Tatsächlich war der Sachverhalt keineswegs rechtlich umstritten. In einem persönlichen Gespräch mit den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens am 18. Juli 2024 gab Herr Keucher an, dass der Beschluss des Bürgerbegehrens eine pro-forma Sache sei. Herr Keucher wollte eine Zustimmung der Vertrauensleute, dass der Gemeinderat erst am 30. September über das Bürgerbegehrens entscheidet, also später als gesetzlich vorgesehen innerhalb von zwei Monaten nach Einreichung. Herr Keucher gab in diesem Gespräch am 18. Juli an, dass die Prüfung des Bürgerbegehrens keine Beanstandung ergeben hätte und dem Gemeinderat gar nichts anderes übrig bleibe, als das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären. In einem Zeitungsinterview in der Südwestpresse vom 2. August 2024 sprach der Bürgermeister davon, dass die Entscheidung des Gemeinderats über das Bürgerbegehren nur ein „formeller Akt“ sei.
Nachdem Herr Keucher so die Zustimmung der Vertrauenspersonen erhalten hatte, schaltete er Rechtsanwaltskanzleien ein. Diese gaben jeweils eine Stellungnahme ab. Es handelt sich nicht um Rechtsgutachten, die Schreiben der Anwälte erfüllen die Voraussetzungen von Gutachten nicht.
Inhaltlich lieferten diese Stellungnahmen was Herr Keucher wollte: Eine Aussage, dass der Bürgerentscheid unzulässig ist. Dabei basieren diese Aussagen auf an den Haaren herbeigezogenen Argumenten und Verweisen auf Gerichtsurteile, die sich auf abweichende Sachverhalte beziehen. Wie wir heute von einzelnen Gemeinderatsmitgliedern wissen, wurden diese Stellungnahmen der Rechtsanwälte den Gemeinderatsmitgliedern weder vor noch in der Sitzung am 30.09.2024 vorgelegt.
Das Verwaltungsgericht hat sämtliche Argumente aus diesen rechtlichen Stellungnahmen widerlegt.
In der Öffentlichkeit versucht Herr Keucher insbesondere das Urteil des VGH Wiesbaden so darzustellen, als hätte dieses Urteil die Situation verändert. Fakt ist, dass er erst durch die Rechtsanwälte Dombert von diesem Urteil erfahren hatte - er hat also nicht Rechtsanwälte wegen dieses Urteils engagiert. Der wesentliche Unterschied zum Wiesbadener Urteil ist übrigens, dass Herr Keucher den Vertrauensleuten bereits schriftlich versichert hatte, dass eine Kostendeckungszusage nicht erforderlich sei. Was das für ihn zuständige Verwaltungsgericht davon hält, kann man nun in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg nachlesen.
Die Einholung der Rechtsmeinungen war also gegen alle Zusagen von Herrn Keucher und diese Rechtsmeinungen sind nicht das Papier wert, auf dem sie stehen. Entsprechend hat Herr Keucher auch keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg eingelegt.
"Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es bei dem Entscheid um Mehreinnahmen für dei Stadt von mindestens 34 Millionen Euro (in den nächsten 25 Jahren) geht, welcher der Allgemeinheit zugute kämen."
Diese Aussage zeigt die fehlende Zurückhaltung sehr deutlich. Mit dieser "Benachrichtigung" im Mitteilungsblatt soll tatsächlich Wahlkampf gemacht werden. Aber der Bürgerwille ist zu akzeptieren, ob es um 340 Euro geht oder um 34 Millionen Euro. Ob diese Einnahmen vollständig fließen, weiß niemand. Wenn sich bspw. die Rechtssituation ändert (was ab dem 01.01.2027 definitiv der Fall sein wird), werden derartige Anlagen evtl. komplett stillgelegt oder erst gar nicht gebaut. Es steht also völlig in den Sternen, wieviel Geld tatsächlich fließt, sollten Waldflächen von der Gemeinde verpachtet werden. Dass "mindestens" EUR 34 Mio. fließen, ist nicht mehr als eine optimistische Behauptung. Außerdem geht es in dem Bürgerentscheid um die Verpachtung von Flächen im Wald. Die Gemeinde könnte die Windkraft- oder PV-Anlagen auch auf Flächen außerhalb des Waldes bauen lassen, d.h. eine Verpachtung derartiger Flächen jederzeit vornehmen und somit Einnahmen erzielen. Es geht also im Bürgerentscheid nicht darum "Einnahmen für die Gemeinde oder keine Einnahmen für die Gemeinde", das ist schlicht eine Unwahrheit, welche die Gemeinde und die Windkraftbefürworter wie eine Monstranz vor sich hertragen. Eine Realisierung von Windkraftanlagen außerhalb von Waldflächen wurde nie ernsthaft geprüft. Die Gemeinde hat auch nie nach einem Projektierer aktiv gesucht. Es kamen lediglich drei Projektierer auf sie zu, diese wollten die Windkraftanlagen im Wald bauen und die Gemeinde hat sich einen davon ausgesucht.
"Gleichzeitig entschied der Gemeinderat, aus eigener Initiative einen Bürgerentscheid mit einer angepassten, aus Sicht der Stadt eindeutigeren Fragestellung durchzuführen, um der Bedeutung des Themas Rechnung zu tragen. Letztlich geht es nicht nur um die "Dicke", sondern um sämtliche städtische Waldflächen." Man muss sich fragen, warum die Stadtverwaltung versucht, hier die Tatsachen zu verdrehen. Der per Bürgerbegehren erzwungene Bürgerentscheid bezog sich nicht nur auf die Dicke (aber genau das versucht die Stadtverwaltung zu suggerieren) sondern auf sämtliche Waldflächen der Stadt.
Es drängt sich hier der Verdacht auf: Die Stadtverwaltung hat den alternativen Bürgerentscheid nur beschlossen, weil sie wusste, dass die Rechtsmeinungen ihrer Anwälte vor Gericht keinerlei Bestand haben werden. Jetzt versucht sie, der Bevölkerung irgendwelche andere Gründe vorzuspiegeln, denn verstanden hat das damals niemand: Das eine ablehnen und dann quasi das gleiche beschließen.
"Gegen die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens klagten die Initiatoren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg."
Die Stadtverwaltung ist im Verwaltungsrecht firm genug um zu wissen, dass das nicht stimmt. Die Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens haben beim Verwaltungsgericht lediglich um einstweiligen Rechtsschutz ersucht, welcher dann sehr eindrucksvoll eindeutig gewährt wurde. Eine Klage wurde nicht eingereicht (diese wäre erst erforderlich, wenn der parallel eingelegte Widerspruch vom Landratsamt abgelehnt würde). Aber "klagten vor dem Gericht" klingt natürlich negativer, als "um einstweiligen Rechtsschutz ersucht".
Fazit: Die Stadtverwaltung und Herr Keucher zeigen nicht die gebotene Zurückhaltung. Im Juli wurde den Vertrauenspersonen eine Zusage zur Terminverschiebung unter Zusagen abgerungen, die sich im Nachhinein als nicht ehrlich gemeint herausstellten. Nachdem die Vertrauensbasis von Herrn Keucher mit diesem Vorgehen zerstört wurde, erwartet er nun, dass die Vertrauenspersonen einer kurzen Frist zustimmen und der Bürgerentscheid innerhalb von zweieinhalb Monaten durchgeführt werden kann. Auch dies wäre zum Nachteil der Gegner von Windkraft im Wald in Sulz am Neckar. Diese müssen sich nun bspw. erst einmal wieder Geldmittel durch Zuwendungen beschaffen, während die Stadt sich Wahlkampfbudgets genehmigt (zuletzt 20.000 EUR) und QUALITAS Energy im Hintergrund großzügig sponsort.
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